Was ist systemisches Fehlermanagement?
Das Erfolgsrezept von Hochzuverlässigkeitsorganisationen (HROs)
Stellen Sie sich vor, Sie wären Teil eines Teams, das unter hohem Druck steht und schnelle, präzise Entscheidungen treffen muss. Jeder Fehler könnte schwerwiegende Folgen haben. Wie schaffen Sie es, in solchen Situationen nicht nur Fehler zu vermeiden, sondern auch aus ihnen zu lernen und sich kontinuierlich zu verbessern? Die Antwort liegt in einem ganzheitlichen Ansatz: dem systemischen Fehlermanagement.
In HROs, wie beispielsweise in der Luftfahrt, der Medizin, der Raumfahrt, oder der Kernenergie usw. ist Fehlermanagement nicht nur eine Option, sondern eine Notwendigkeit. Denn hier können Fehler katastrophale Folgen haben. Um die Kernziele von HROs – Sicherheit, Vertrauen, Reputation, Wettbewerbsfähigkeit und kontinuierliche Verbesserung – zu erreichen, bedarf es eines umfassenden Ansatzes, der weit über die reine Fehlerbehebung hinausgeht.
Die vier Prinzipien des systemischen Fehlermanagements:
- Just Culture: Eine Just Culture fördert eine offene Fehlerkultur, in der Fehler als Lernchancen gesehen werden und nicht als Anlass für Schuldzuweisungen. Es geht darum, ein Umfeld zu schaffen, in dem Mitarbeiter Fehler melden können, ohne Angst vor Konsequenzen haben zu müssen.
- Human and Organizational Performance (HOP): HOP betrachtet Fehler nicht als individuelle Versagen, sondern als Ergebnis komplexer Interaktionen zwischen Menschen, Prozessen und der Organisation. Durch die Analyse von HOP können Unternehmen systemische Probleme identifizieren und beheben.
- Psychologische Sicherheit: In einem Umfeld mit hoher psychologischer Sicherheit fühlen sich Mitarbeiter ermutigt, ihre Ideen einzubringen, Fragen zu stellen und Fehler zuzugeben. Dies führt zu einer besseren Zusammenarbeit und einer höheren Innovationskraft.
- Human Error Reduction and Causal Analysis (HERCA): HERCA ist ein systematischer Ansatz zur Fehleranalyse, der darauf abzielt, die zugrunde liegenden Ursachen von Fehlern zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu entwickeln.
Wie diese Prinzipien zusammenwirken:
Stellen Sie sich ein Sportteam vor. Um erfolgreich zu sein, muss jedes Mitglied des Teams Vertrauen in seine Kollegen haben. Eine offene Fehlerkultur (Just Culture) ermöglicht es den Spielern, Fehler offen anzusprechen, ohne Angst vor Sanktionen haben zu müssen. Durch die Analyse von Fehlern (HERCA) kann das Team seine Spielzüge verbessern und seine Leistung steigern. Eine hohe psychologische Sicherheit sorgt dafür, dass die Spieler ihre Ideen einbringen und gemeinsam nach Lösungen suchen. Und schließlich betrachtet HOP die Leistung des gesamten Teams und nicht nur die individuellen Leistungen der einzelnen Spieler.
Systemisches Fehlermanagement in Aktion
Ein systematisches Fehlermanagement, das auf diesen vier Prinzipien basiert, ermöglicht es Unternehmen, nicht nur Fehler zu vermeiden, sondern auch ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken. Durch die kontinuierliche Verbesserung von Prozessen und die Förderung einer positiven Fehlerkultur können HROs ihre Ziele erreichen und langfristig erfolgreich sein.
Ein konkretes Beispiel aus dem Mannschaftssport
Nehmen wir ein Fußballspiel. Ein Team liegt in einem Endspiel eines Turniers kurz vor Schluss mit einem Tor zurück. In den letzten Minuten passiert Folgendes:
- Verletzung: Ein Schlüsselspieler wird verletzt und muss ausgewechselt werden.
- Fehlpass: Der eingewechselte Spieler spielt einen Fehlpass, der zu einer gefährlichen Gegenattacke führt.
- Torwartfehler: Der Torwart faustet den Ball unglücklich ins eigene Tor.
Analyse anhand der vier Prinzipien:
- Just Culture: Nach dem Spiel wird offen über die Fehler diskutiert. Der Trainer betont, dass Fehler passieren können und dass es wichtig ist, daraus zu lernen. Der eingewechselte Spieler wird nicht bloßgestellt, sondern erhält konstruktives Feedback.
- HOP: Das Team analysiert gemeinsam, welche Faktoren zum Fehlpass und dem Torwartfehler geführt haben. Vielleicht war der eingewechselte Spieler noch nicht warmgespielt oder der Torwart stand unter extremem Druck. Durch die Betrachtung des gesamten Systems (Team, Spielsituation, äußere Einflüsse) werden tieferliegende Ursachen identifiziert.
- Psychologische Sicherheit: Die Spieler fühlen sich sicher genug, um ihre Fehler zuzugeben und ihre Bedenken zu äußern. Sie wissen, dass ihre Meinung geschätzt wird und dass sie gemeinsam nach Lösungen suchen werden.
- HERCA: Das Team erstellt eine detaillierte Analyse des Vorfalls, um herauszufinden, wie ähnliche Fehler in Zukunft vermieden werden können. Mögliche Maßnahmen könnten sein: intensiveres Training für Ersatzspieler, bessere Kommunikation auf dem Platz oder eine Anpassung der Spielstrategie.
Und hier noch ein konkretes Beispiel aus der Industrie
Stellen Sie sich vor, in einer Automobilfabrik wird ein neues Modell produziert. Während der Endkontrolle wird festgestellt, dass an mehreren Fahrzeugen ein bestimmtes Bauteil fehlerhaft verbaut wurde.
- Just Culture: Die Mitarbeiter, die den Fehler entdeckt haben, melden diesen ohne Angst vor Konsequenzen. In einem offenen Gespräch wird erörtert, wie es zu diesem Fehler kommen konnte, ohne einzelne Personen an den Pranger zu stellen.
- HOP: Eine detaillierte Analyse zeigt, dass der Fehler auf eine Kombination verschiedener Faktoren zurückzuführen ist: eine neue, komplexe Montageanleitung, Zeitdruck, eine ungenügende Schulung der Mitarbeiter und ein fehlerhaftes Bauteil.
- Psychologische Sicherheit: Die Mitarbeiter fühlen sich ermutigt, ihre Bedenken bezüglich der neuen Montageanleitung und des Zeitdrucks zu äußern. Sie wissen, dass ihre Vorschläge ernst genommen werden.
- HERCA: Es wird ein Maßnahmenplan erstellt, um sicherzustellen, dass sich dieser Fehler nicht wiederholt. Dazu gehören eine Überarbeitung der Montageanleitung, zusätzliche Schulungen, eine gründlichere Eingangskontrolle der Bauteile und eine Anpassung der Taktzeiten.
Das Zusammenspiel der Prinzipien:
In diesem Beispiel wird deutlich, wie die vier Prinzipien zusammenwirken, um aus Fehlern zu lernen und sich zu verbessern. Eine Just Culture schafft ein Klima des Vertrauens, in dem Fehler offen angesprochen werden können. HOP ermöglicht eine umfassende Analyse des Vorfalls, während psychologische Sicherheit dafür sorgt, dass alle Teammitglieder ihre Beiträge leisten. HERCA stellt sicher, dass aus den gewonnenen Erkenntnissen konkrete Maßnahmen abgeleitet werden.
Fazit:
Systemisches Fehlermanagement ist mehr als nur eine Sammlung von Methoden. Es ist eine Kultur, die auf Vertrauen, Respekt und kontinuierlicher Verbesserung basiert. Indem Unternehmen diese Prinzipien in ihre tägliche Arbeit integrieren, können sie nicht nur die Sicherheit erhöhen, sondern auch ihre Wettbewerbsfähigkeit steigern und langfristig erfolgreich sein.
Sind Sie bereit es den Hochzuverlässigkeitsorganisationen nachzumachen und auch Ihr Unternehmen auf die nächste Stufe der Sicherheit und Effizienz zu bringen?
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SigmaConsult Unternehmensberatung
Peter Cartus
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